Werden Politiker, insbesondere die Verantwortlichen der neuen Regierung in Berlin, aus seinen Erfahrungen klug? Aus dem Nähkästchen seiner Erfahrungen berichtete Dr. Frank-Jürgen Weise auf dem Jahresempfang der Johanniter am 6. Februar 2018 im Braunschweiger Dom.....
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit und Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sprach in erfrischender Offenheit über das Jahr 2017, was im Flüchtlingsmanagement „gut und nicht gut gelaufen ist“. Und was in Zukunft beachtet werden sollte. Viele Ehrengäste hörten neben der Johanniterfamilie gespannt zu, unter ihnen der Vizepräsident des Niedersächsischen Landtages Frank Oesterhelweg und der Braunschweiger Bundestagsabgeordnete Carsten Müller. Weise nannte konkret u.a. die Notwendigkeit, die Arbeitsprozesse der Behörden zu organisieren, um die Wartezeiten bei den Asylanträgen zu verkürzen; einen Ausgleich der unterschiedlichen Arbeitsbelastungen innerhalb der Behörden zu schaffen; die Behörden durch „Stresstests“ vorausschauend auf Katastrophen in schwierigen Zeiten vorzubereiten; die Zusammenarbeit der 600 Ausländerbehörden und anderer staatlicher Stellen zu verbessern. Aber auch die Sorgen der Menschen müssten ernst genommen werden. Die Identität der Flüchtlinge könne und müsse eindeutig geklärt werden. „Wer sich überhaupt nicht an die Spielregeln in Deutschland hält, schadet denen, die unsere Liebe und Fürsorge brauchen“, sagte Weise und sprach sich dafür aus, dass das „Rechtssystem“ die Regeln auch konsequent umsetze und durchsetze. Auch im Blick auf die Medien nahm Weise kein Blatt vor den Mund: „Kritische Berichterstattung ist gut. Aber ich wünsche mir eine bessere Recherche.“ Ein „Turbo-Asyl“ im Zusammenhang der notwendigen Verkürzung der Wartezeiten beschreibe nicht den Sachverhalt. „Manche Journalisten kommen mit einer festen Meinung zum Pressegespräch und wollten nur bestätigt werden“, schilderte Weise seine Erfahrungen. Im Blick auf die Zukunft wünschte sich Weise ferner, den „schlimmen Flüchtlingsstatus der Duldung“ politisch zu klären. Als Leitsätze, die seine Erfahrungen widerspiegeln, nannte er: „Unterschiedliche Blicke auf ein Thema schaffen eine bessere Sichtweise. Leitungsteams sollten deshalb mit Personen, die unterschiedliche beruflichen Erfahrungen mitbringen, zusammengesetzt werden.“ „Die Politik, die die Sorgen der Menschen ernst nehmen muss, verantwortet, was gemacht wird. Die Behördenchefs, die die Abläufe, Strukturen und Zusammenarbeit ständig verbessern sowie die technischen Möglichkeiten nutzen können müssen, wie es gemacht wird.“ „Die Behörden müssen in ruhigen Zeiten angespannt sein und üben, damit sie in schwierigen Zeiten nicht den Kopf verlieren.“ „Die Politik ist gut beraten, die Kombination von Haupt- und Ehrenamt zu stärken. Ohne das Ehrenamt und das bürgerschaftliche Engagement bekommt man Krisen nicht in den Griff.“ Erfahrungen, die zum Nachdenken und Weiterdenken anregen, aber auch in die zukünftige politische Gestaltung einfließen sollten. Burkhard Budde